Berufsbegleitendes Studium: Ein oft ignoriertes Erfolgsmodell
- Introduction Executive summary | Positions of economiesuisse
- Chapter 1 Polarisierung auf dem Arbeitsmarkt
- Chapter 2 An Fachhochschulen dominiert das Vollzeitstudium
- Chapter 3 Berufsbegleitendes Studium macht den Unterschied
- Chapter 4 Richtige Anreize setzen
- Chapter 5 Fazit: Berufsbegleitende Studiengänge sind zu forcieren
Richtige Anreize setzen
Die Fachhochschulen erklärten, dass der administrative Mehraufwand, den ein berufsbegleitendes bzw. Teilzeitstudium mit sich bringt, für sie die grösste Herausforderung darstellt. Der Mehraufwand resultiert insbesondere aus der Stundenplanung. Diese ist wesentlich herausfordernder, da die Vorlesungen, Übungsstunden und Seminare auf meistens fixe zwei Tage geplant werden müssen. Zudem muss die Stundenplanung des berufsbegleitenden und Teilzeitstudiums mit dem Vollzeitstudium abgestimmt werden. Ebenfalls sind Projekt- oder Blockwochen, wegen der eingeschränkten Flexibilität der berufstätigen Studierenden, schwieriger zu planen. Hinzu kommt, dass heute Fachhochschulen für berufsbegleitende und Teilzeitstudierende wegen der längeren Studiendauer weniger Beiträge pro Jahr erhalten. Der höhere administrative Aufwand für berufsbegleitende und Teilzeitstudierende wird also nicht berücksichtigt. Daher ist es für die Fachhochschulen finanziell lukrativer, Vollzeitstudierende anzuwerben. Dieser negative finanzielle Anreiz sollte beseitigt werden: Die Berechnung der Referenzkosten nach dem Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) sollte so angepasst werden, damit die längere Studiendauer und der zusätzliche administrative Aufwand angemessen vergütet werden und die Fachhochschulen einen höheren Anreiz haben, berufsbegleitende und Teilzeitmodelle anzubieten.
Positiv ist, dass trotz der aktuellen finanziellen Schlechterstellung 41 Prozent der Fachhochschulen ihr Angebot an berufsbegleitenden und Teilzeitstudiengängen ausbauen wollen. 46 Prozent beabsichtigen, das bestehende Angebot aufrechtzuerhalten.
Flexibilität der Fachhochschulen erhöhen
Für die Unternehmen stellt die begrenzte Flexibilität der Fachhochschulen eine Herausforderung dar. Die fixen Schultage und die lange Lern- und Prüfungsphase am Ende des Semesters erschweren die Zeit- und Ressourcenplanung, insbesondere wenn Mitarbeitende für mehrere Wochen abwesend sind und Stellvertretungen benötigt werden.
Hier sind die Fachhochschulen gefordert, dass sie für berufsbegleitende Studierende flexiblere Modelle anbieten, zum Beispiel analog dem Flex Teilzeit-Studienmodell der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW).
Flex Teilzeit-Studienmodell der FHNW
Die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) bietet unter anderem im Studiengang Betriebsökonomie ein flexibles, berufsbegleitendes Studienmodell an. Dieses kombiniert Präsenz- und Online-unterricht und ermöglicht den Studierenden so eine bessere Vereinbarkeit von Studium und Beruf. An einem Tag pro Woche findet der Präsenzunterricht statt, um den persönlichen Austausch zu fördern, während die restlichen Module online absolviert werden, wodurch sich Reisezeiten reduzieren. Die Lerninhalte, Prüfungsanforderungen und die Studiendauer entsprechen dabei dem klassischen Präsenz-Teilzeitprogramm (Quelle: https://www.fhnw.ch/de/studium/wirtschaft/betriebsoekonomie).
Doppelbelastung als Herausforderung und Chance
Einige Unternehmen weisen darauf hin, dass die Doppelbelastung der berufsbegleitenden Studierenden eine Herausforderung darstellen kann. Sie befürchten, dass die Leistungsfähigkeit dieser Mitarbeitenden sinkt. Daher empfehlen wir, dass Mitarbeitende, die ein berufsfremdes Studium beginnen und in einen neuen Beruf wechseln, zunächst Vollzeit arbeiten. So können sie sich ganz auf die Einarbeitung in die neue berufliche Tätigkeit konzentrieren und sammeln die notwendige Berufserfahrung. Damit sind sie gut gerüstet für den Übergang in ein berufsbegleitendes Studium. Weil sie schon eingearbeitet sind, kann die zusätzliche Belastung besser geschultert werden und der Wissenstransfer gelingt besser. Gleichzeitig kann die Doppelbelastung auch als Chance betrachtet werden. Sie stärkt die Stressresistenz, Selbstorganisation und das Zeitmanagement der Studierenden – wichtige Kompetenzen für die Arbeitswelt.