Sommersession 2025

Höhere Abgaben für Arbeitnehmende und Unternehmen, verschleierte Kosten: Der Ständerat hat nicht nur die 13. AHV-Rente finanziert, sondern darüber hinaus einen Ausbau des Sozialwerks beschlossen, der von der grossen Kammer aber noch korrigiert werden kann. Im Sinne der Wirtschaft ist der Beschluss des Nationalrats, Wettbewerbsabreden differenziert zu behandeln und nur dann zu sanktionieren, wenn sie den Wettbewerb tatsächlich beeinträchtigen. Im Ziel angekommen ist die Mammutvorlage zur Modernisierung des Zolls – sie bringt erheblichen Vereinfachungen für die Unternehmen. Der Ständerat will Kriegsmaterialexporte in eine klar definierte Gruppe von Staaten grundsätzlich erlauben und damit Rechtssicherheit für die Schweizer Industrie und ihre Partner schaffen. Weitere Top-Themen der Wirtschaft in unserem Sessionsrückblick sind das klare Nein zur Juso-Erbschaftssteuer, der Kompromiss der Räte zur Individualbesteuerung und die Revision des Geldwäschereigesetzes.

Wettbewerb & Regulatorisches

Dringende Korrektur einer fehlgeleiteten Praxis

Der aktuelle Vollzug durch die Weko blockiert sinnvolle Kooperationen (gemeinsame Entwicklung von Produkten, gemeinsame Vermarktung) und Verhalten, auch wenn sie für den Wettbewerb harmlos oder sogar nützlich sind. Die WAK-N hat bei zentralen Anliegen der Wirtschaft tragfähige Kompromisse beschlossen.

Darum geht es: In den letzten Jahren gerieten Kooperationen pauschal unter Verdacht, und bestimmte Abreden unter Firmen galten auch ohne konkrete Auswirkungen auf den Wettbewerb als verboten. Hohe Bussen waren die Folge. Begründet wurde diese formalistische Praxis durch das Gaba-Urteil – mit spürbarer Rechtsunsicherheit für Unternehmen. Auch bei der Missbrauchskontrolle (Art. 7) bestand seit dem SIX-Urteil eine ähnliche Entwicklung der Rechtsprechung: In dem Entscheid von 2022 zur dynamischen Währungsumrechnung stufte das Gericht die Koppelungsgeschäfte als Gefährdungstatbestand ein – mit der Konsequenz, dass keine konkrete Schädigung oder Wettbewerbsverfälschung nachgewiesen werden musste. Zwar hat das Bundesgericht jüngst klargestellt, dass eine konkrete Gefährdung nachgewiesen werden muss – doch die Unsicherheit bleibt bestehen. Die Wirtschaft setzt sich daher für eine Klarstellung im Gesetz ein.

Das findet economiesuisse: Um die Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, sind die Mehrheitsanträge zu Art. 5 und Art. 7 zu unterstützen:

  • Art. 5: Wettbewerbsabreden dürfen nicht allein nach ihrer Form beurteilt werden. Entscheidend sind ihre Auswirkungen im Einzelfall. Gefordert ist eine Gesamtwürdigung – im Sinne eines wirkungsbasierten Kartellrechts.
  • Art. 7: Der Mehrheitsantrag bringt Rechtssicherheit: Eine Wettbewerbsgefährdung muss im konkreten Fall plausibel dargelegt werden. Das Bundesgericht teilt diese Auffassung in seiner jüngsten Rechtsprechung; das WBF bestätigt, dass sie der geltenden Rechtslage entspricht.

Empfehlung economiesuisse: Annahme bedingt

Stand der Beratungen: Der Nationalrat hat zur Teilrevision des Kartellgesetzes mehrere Differenzen zum Ständerat geschaffen – insbesondere bei Art. 5 (Wettbewerbabreden) und Art. 7 (Missbrauch marktbeherrschender Stellung). Künftig soll die Erheblichkeit einer Abrede im konkreten Einzelfall geprüft und missbräuchliches Verhalten danach beurteilt werden, ob es unter den gegebenen Marktbedingungen potenziell geeignet ist, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.

SGK-S folgen – Kompromiss sichern

Kinder und Jugendliche sollen nicht der Tabakwerbung ausgesetzt sein. Die Umsetzung der Tabakinitiative kann nun zeitnah abgeschlossen werden.

Darum geht es: Die Umsetzung der Volksinitiative «Ja zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakwerbung» kommt im Rahmen der Differenzbereinigung wieder in den Ständerat. Die SGK-S hat eine gute Basis für die Beratung geschaffen und strebt einen vernünftigen Kompromiss an: Zweimal soll dem Nationalrat gefolgt und einmal an der Position des Ständerates festgehalten werden. Besonders wichtig ist der Verkauf durch mobiles Verkaufspersonal. Hier gilt es, die Schaffung eines gefährlichen Präzedenzfalles zu vermeiden.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft unterstützt die Position der SGK-S in allen Punkten. Die Mehrheiten sind dabei von grundlegender Bedeutung für einen angemessenen, fairen Kompromiss.

  • Art. 19 Abs. 1 lit. c (mobiles Verkaufspersonal): Annahme gemäss Mehrheit (=ersatzlos streichen)
  • Art. 18 Abs. 1 lit. a (Presseerzeugnisse): Annahme gemäss Mehrheit
  • Art. 19 Abs. 2 lit. b (Kundenpromotion für Zigarren und Zigarillos): Annahme gemäss Mehrheit

Empfehlung economiesuisse: Annahme bedingt

Stand der Beratungen: Die Umsetzung der Tabakwerbeverbotsinitiative ist bereit für die Schlussabstimmung, nachdem der Ständerat die letzten Differenzen bereinigt hat. Im Sinne der Kompromissfindung wurde eine Lösung erarbeitet, die einen griffigen Jugendschutz im Bereich Tabakwerbung sicherstellt. Als Nächstes wird die Verwaltung dann die Verordnung anpassen: hier wird es wichtig sein, dass die durch den Gesetzgeber gesteckten Schranken eingehalten werden.

Verlässliches Register dank Richtigkeitsvermutung

Ein neues Gesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei soll die Integrität des Finanzplatzes mittels Einführung eines Registers für wirtschaftlich Berechtigte stärken. Angesichts der Länderüberprüfung durch die Financial Action Task Force (FATF) ist das wichtig für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.

Darum geht es: Die FATF-Länderprüfung 2027/2028 erfordert von der Schweiz einen Ausbau der bestehenden Instrumente zur Geldwäschereiprävention. Das Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen (TJPG) soll Transparenz darüber schaffen, wer eine juristische Person kontrolliert, und dadurch die Einhaltung der internationalen FATF-Standards sicherstellen. Das Gesetz sieht die Einführung eines zentralen, nicht-öffentlichen und nur den Behörden zugänglichen Registers vor, das die Identifikation wirtschaftlich berechtigter Personen ermöglicht und zur regelmässigen Aktualisierung verpflichtet. Die Vorlage wurde in zwei Entwürfe aufgeteilt.

Das findet economiesuisse:

  • Entwurf 1 (TJPG): Die Wirtschaft begrüsst die Einführung eines zuverlässigen Transparenzregisters. Dieses stärkt das Vertrauen internationaler Partner, hebt die Reputation der Schweiz als Finanzplatz und ist die Basis für eine erfolgreiche FATF-Länderprüfung. Dabei ist jedoch eine Richtigkeitsvermutung zentral, da sie ein hohes Datenqualitätsniveau garantiert, ohne absolute Fehlerfreiheit zu fordern. Nur ein Register, auf dessen Angaben man sich verlassen kann, ist glaubwürdig. Daher ist der Minderheitsantrag zu Art. 31 TJPG zu unterstützen. In Art. 38 TJPG (Meldung von Unterschieden) ist der Mehrheit zu folgen.
  • Entwurf 2 (GwG): economiesuisse begrüsst, dass die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats mit ihrem Entwurf einen risikobasierten Ansatz verfolgt. Dieser entspricht dem am Runden Tisch von Verwaltung und Wirtschaft erarbeiteten Vorschlag, die kernrisikobehafteten Beratungstätigkeiten dem GwG zu unterstellen.

Empfehlung economiesuisse: Annahme bedingt

Stand der Beratungen: Das Parlament hat dem Transparenzgesetz grundsätzlich zugestimmt, die Vorlage aber gegenüber dem Entwurf des Bundesrats deutlich abgeschwächt. Der Nationalrat hiess das Gesetz mit 117 zu 63 Stimmen bei 5 Enthaltungen gut und sprach sich unter anderem für Ausnahmen für Stiftungen, Vereine und Treuhänder aus. Offen bleibt die Frage der Richtigkeitsvermutung – hier bestehen Differenzen zwischen den Räten. Auch dem Sorgfaltspflichtenregime für Beraterinnen und Berater stimmte der Ständerat mit 34 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Er verzichtete dabei auf einen risikobasierten Ansatz und schränkte den Anwendungsbereich stark ein: Nur ein Teil der ursprünglich vorgesehenen Beratungstätigkeiten, insbesondere bei der Unternehmensgründung und -strukturierung, soll dem Geldwäschereigesetz unterstellt werden. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Grundlegende, strukturelle Mängel korrigieren

Kartellrechtsverfahren belasten Unternehmen stark – mit hohen Kosten, langen Verfahren und Reputationsschäden, noch bevor ein Urteil gefallen ist. Umso wichtiger sind faire und rechtsstaatlich einwandfreie Abläufe. Im heutigen System sind zu viele Rollen bei einer Instanz angesiedelt.

Darum geht es: Kartellrechtsverfahren haben weitgehende Folgen für Unternehmen: hohe Bussen, lange Verfahren und massive Reputationsrisiken – schon vor einem rechtskräftigen Entscheid. Gefordert sind klare, faire und rechtsstaatlich saubere Verfahren.

Im heutigen System sind Untersuchung, Anklage und Entscheid in einer Behörde vereint. Diese institutionelle Rollenvermischung schafft systemische Fehlanreize, beeinträchtigt die Objektivität und schwächt das Vertrauen in die Wettbewerbsdurchsetzung.

Der Bundesrat hatte eine Reform angekündigt – angesichts des Reformdrucks ein richtiger Schritt. Leider blieb der vorgelegte Expertenbericht hinter den Erwartungen zurück. Er benannte zwar zentrale Schwächen – etwa die mangelnde funktionale Trennung oder die überlangen Verfahren – der Bundesrat zog aber nicht die Konsequenzen, sondern schlug nur punktuelle Anpassungen des heutigen Systems vor. Der Erstrat setzte mit Annahme der Motion ein deutliches Zeichen: Eine umfassendere Reform ist nötig.

Das findet economiesuisse: Die wirtschaftlichen Belastungen durch die heutige Praxis sind erheblich – unabhängig vom Verfahrensausgang. Institutionelle Mängel führen zu unausgewogenen Verfahren und damit zu einer sinkenden Akzeptanz des Kartellrechts und der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Es braucht klarere Strukturen – etwa durch die Schaffung eines unabhängigen Wettbewerbsgerichts –, um Fairness und Vertrauen zu stärken. Die Motion ist deshalb anzunehmen.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat der Motion mit 121 zu 63 Stimmen und 4 Enthaltungen zugestimmt. Der Parlamentsentscheid zeigt, dass eine umfassende Reform angezeigt ist.

Verbot führt zu einem Schwarzmarkt und Handelskonflikten

Die Motion will Einweg-E-Zigaretten verbieten. Ein solches Verkaufsverbot wäre rechtlich fragwürdig und schafft Handelshemmnisse.

Darum geht es: Die Motion verlangt ein Verkaufsverbot für elektronische Einwegzigaretten («Puff Bars»). Der Bundesrat beantragt, die Motion abzulehnen. Nach der Annahme im Nationalrat entscheidet jetzt der Ständerat.

Das findet economiesuisse: Ein generelles Verbot von Einwegzigaretten ist nicht zielführend. Aus handelspolitischer Sicht ist ein solcher Alleingang problematisch: Eine abweichende Regulierung gegenüber dem Ausland könnte als Handelshemmnis interpretiert werden und im Konflikt mit bestehenden Handelsabkommen stehen.

Statt auf pauschale Verbote zu setzen, braucht es gezielte und verhältnismässige Massnahmen. Dazu gehören etwa Aufklärungsarbeit, Alterskontrollen oder Anreize zur Lenkung des Konsums. Die Motion ist daher abzulehnen.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Nach dem Nationalrat hat nun der Ständerat die Motion mit 19 zu 11 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen und damit entschieden, dass elektronische Einwegzigaretten verboten werden sollen. Der Bundesrat beantrage ein Nein zur Motion.

Aussenwirtschaft

Digitalisierung und Vereinfachung zugunsten der Exportwirtschaft

Mit dem DaziT-Programm soll der Zoll digitalisiert werden. Die Totalrevision des Zollgesetzes leistet einen wertvollen Beitrag zur Modernisierung und Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Schweiz. Die Vorlage bedarf jedoch einiger Detailkorrekturen.

Darum geht es: Mit der Totalrevision sollen die verschiedenen Aufgabenbereiche des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit zusammengeführt und harmonisiert werden. Das neue Gesetz umfasst daher Grundlagen für die unterschiedlichsten Bereiche, von Verzollungsverfahren bis zur Zusammenarbeit mit der Polizei. Die Zollgesetzrevision bildet zusammen mit dem Transformationsprogramm DaziT die Grundlage für eine längst überfällige Modernisierung der Zollprozesse.

Das findet economiesuisse: Viele Differenzen zwischen den beiden Räten sind bereits ausgeräumt. Aus Sicht von economiesuisse sind aber folgende Punkte nachzubessern:

  • Kontrolle und Vereinfachung: Bei Art. 15 Abs. 4 BAZG-VG ist der Version des Ständerates zu folgen. Mittels der zusätzlichen Vereinfachung können mehr Firmen von administrativen Vereinfachungen profitieren, während wichtige Datengrundlagen für Kontrollen erhalten bleiben. Den durch den Nationalrat bei diesem Artikel eingefügten Verweis auf Art. 23 BAZG-VG erachtet die Wirtschaft allerdings als überflüssig. Es besteht gemäss Gesetzesentwurf keine Pflicht, eine bestimmte Verfahrensvereinfachung anwenden zu müssen. Zudem ist der Verweis sehr allgemein formuliert. Dies lässt viel Interpretationsspielraum, dies kann nicht im Interesse des Gesetzgebers sein.
  • Klare Aussagen: Bei wichtigen Aspekten ist auf «kann»- Formulierungen zu verzichten. Daher ist bei Art. 15 Abs. 3 und Art. 23 Abs. 1 BAZG-VG die Version des Nationalrates beizubehalten.

Empfehlung economiesuisse: Annahme bedingt

Stand der Beratungen: Die eidgenössischen Räte konnten die letzten Differenzen des Zollgesetzes ausräumen. Bei Art. 15 Abs. 4 BAZG-VG hielt der Ständerat an seiner Version fest, da er die Ergänzung des Nationalrates als überflüssig und zu allgemein formuliert hält. Der Nationalrat hat anschliessend in diesem Punkt der kleinen Kammer zugestimmt. Bei Art. 15 Abs. 3 und Art. 23. Abs. 1 BAZG-VG ist der Ständerat der Version des Nationalrates gefolgt. Die Vorlage ist nun bereit für die Schlussabstimmung.

Neue Opportunitäten dank modernisiertem Abkommen

Das modernisierte und sektoriell umfassende Abkommen bietet Schweizer Firmen einen besseren Marktzugang in Chile. So wird die Diversifizierung der Absatzmärkte für die Schweizer Exportwirtschaft sichergestellt - was in diesen volatilen Zeiten besonders wichtig ist.

Darum geht es: Das neue Abkommen stärkt die Rechtssicherheit, verbessert die Wettbewerbsposition der Schweizer Unternehmen gegenüber internationalen Konkurrenten und erweitert den Marktzugang – etwa durch die Integration neuer Bereiche wie Finanzdienstleistungen. Mit Inkrafttreten des neuen Abkommens werden fast alle Schweizer Warenexporte nach Chile zollbefreit sein und neue Bereiche wie Finanzdienstleistungen mitabgedeckt.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft spricht sich für die Annahme die Modernisierung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Chile aus. Als exportorientiertes Land ist die Schweiz auf verlässlichen und möglichst umfassenden Zugang zu internationalen Märkten angewiesen – besonders in Zeiten zunehmenden Protektionismus und wachsender Unsicherheiten im Welthandel. Die überfällige Modernisierung des veralteten Freihandelsabkommens mit Chile ist ein wichtiger Schritt, um den Zugang zu einem der zentralen Wirtschaftspartner der Schweiz in Lateinamerika zu verbessern.

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat in der Sommersession einstimmig dem Änderungsprotokoll zur Modernisierung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Chile zugestimmt. Seit dem Abschluss des ersten Freihandelsabkommens von 2004 hat Chile als Schweizer Handelspartner stark an Bedeutung gewonnen. Die Modernisierung des Freihandelsabkommens ermöglicht nun eine grössere Rechtssicherheit und einen noch besseren Marktzugang für Schweizer Unternehmen, denn es schliesst die Lücken des ursprünglichen Abkommens und deckt einen breiten sektoralen Anwendungsbereich ab.

Finanzen & Steuern

Kein weiterer Giesskannen-Ausbau

Die SGK-S hat die Umsetzung des Volkswillens für eine 13. AHV-Rente mit der Finanzierung einer noch nicht behandelten Volksinitiative zur Abschaffung der Plafonierung der Ehepaarrenten vermischt. Die Vorschläge wären eine zusätzliche Belastung für junge Menschen und Erwerbstätige.

Darum geht es: Die vom Volk beschlossene 13. AHV-Rente wird ab 2026 ausbezahlt. Der Bundesrat hat zur Teilfinanzierung der Mehrausgaben von 4 bis 5 Milliarden Franken eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (MWST) um 0.7 Prozentpunkte vorgeschlagen. Die Mehrheit der SGK-S hat ein eigenes Modell entworfen das auch noch die Abschaffung der Rentenplafonierung für Ehepaare finanzieren soll. Damit soll die MWST schrittweise um einen Prozentpunkt und die Lohnbeiträge um 0.4 Prozentpunkte erhöht werden. Weiter zur Finanzierung beitragen soll die Senkung des AHV-Fondsstands von 100 Prozent auf 80 Prozent. Fällt der Stand unter 80 Prozent, sollen die Lohnbeiträge um weitere 0.4 Prozentpunkte erhöht werden. Der Bundesbeitrag an die AHV soll nicht gesenkt werden.

Das findet economiesuisse: Die Finanzierung der 13. AHV-Rente ist klar von der Volksinitiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» zu trennen. Bisher haben sich weder Volk noch Parlament dazu äussern können. Ein Gesamtfinanzierungskonzept ist deshalb nicht angezeigt. Die Wirtschaft empfiehlt in diesem Sinne, durchgehend der Kommissionsminderheit zuzustimmen.

  • Entwurf 2: Die Anpassung des Bundesbeitrags ist aus Kosten-Nutzen-Sicht sinnvoll. Ohne diesen Beschluss würde sich der Bereinigungsbedarf für den Bund um weitere 440 Millionen Franken bzw. um über 13 Prozent erhöhen. Damit könnten gleichzeitig weniger als 1 Prozent der Rentenausgaben (0.7 Prozent) finanziert werden.
  • Entwurf 3: Die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.7 Prozentpunkte ist einer Finanzierung der 13. AHV-Rente über Lohnbeiträge klar vorzuziehen.

Empfehlung economiesuisse: Annahme bedingt

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat als Erstrat einem Finanzierungskonzept für die 13. AHV-Rente zugestimmt – mit höheren Lohnbeiträgen ab 2028 und einem stufenweisen Anstieg der Mehrwertsteuer um bis zu einem Prozentpunkt. Damit sollen auch Mittel für eine mögliche Abschaffung der Heiratsstrafe bei Ehepaarrenten gesichert werden. Der Entscheid fiel mit 23 zu 17 Stimmen – trotz Kritik an einem «AHV-Ausbau auf Vorrat». Eine befristete Lösung lehnte die kleine Kammer ab, ebenso eine formelle Verknüpfung der beiden Finanzierungswege. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

Milliarden-Steuerausfälle und Firmenverkäufe ins Ausland verhindern

Die Juso-Initiative rüttelt nicht nur an rechtstaatlichen Prinzipen, sondern gefährdet auch den Erhalt von Traditionsfirmen in der Schweiz. Verschiedene Studien kommen klar zum Schluss: Die Steuereinnahmen des Bundes würden nicht etwa steigen, sondern deutlich sinken.

Darum geht es: Die Juso-Initiative fordert die Einführung einer neuen Erbschaftssteuer in der Höhe von 50 Prozent auf Vermögen über 50 Millionen Franken. Der Ertrag soll beim Bund und in den Kantonen zweckgebunden «für die sozial gerechte Bekämpfung der Klimakrise» verwendet werden. Dafür ist die «Gesamtwirtschaft» umzubauen. Der Bundesrat, der Nationalrat und die WAK-S empfehlen, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft lehnt die Juso-Volksinitiative entschieden ab.

  • Eine 50%-Steuer lässt jede Nachfolgeplanung von mittelständischen Schweizer Familienunternehmen scheitern. Laut einer PwC-Studie müssten zwei Drittel dieser Unternehmen zwangsverkauft werden.
  • Die Initiative könnte Steuerausfälle von bis zu 3,6 Milliarden Franken verursachen. Die reichsten 1 Prozent zahlen 23,2% der Steuern. Bei einer Abwanderung ins Ausland müsste der Mittelstand mehr zahlen, oder es käme zu Kürzungen staatlicher Leistungen.
  • Die Initiative greift in Kantonskompetenzen ein und mindert deren Erträge aus Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuern, was den Wirtschaftsstandort schwächt. Die Schweiz erzielt im internationalen Vergleich bereits heute überdurchschnittlich hohe Steuereinnahmen in diesem Bereich.
  • Die Steuer betrifft nur etwa 2’500 Personen und verletzt damit das Allgemeinheitsgebot. Sie untergräbt zudem die Wirtschafts- und Niederlassungsfreiheit und schafft durch die rückwirkende Anwendung unklarer Bestimmungen erhebliche rechtliche Unsicherheit.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat die Volksinitiative mit 36 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Die Mitte, GLP, FDP und SVP stimmten geschlossen gegen die Vorlage. Auch innerhalb der SP und den Grünen gab es Ablehnung. Der Gegenvorschlag von Eva Herzog, der eine Erbschaftssteuer von fünf Prozent bei einem Freibetrag von fünf Millionen Franken vorgesehen hätte, wurde klar verworfen. Bereits im März hatte der Nationalrat Nein gesagt – ebenso wie zu den vier Gegenvorschlägen von SP und Grünen. Damit kommt die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Volksabstimmung, die voraussichtlich am 30. November 2025 stattfinden wird.

Heiratsstrafe und negative Erwerbsanreize gleichzeitig abschaffen 

Das heutige System der gemeinsamen und progressiven Besteuerung von Ehepaaren führt besonders für verheiratete Zweitverdienende zu eingeschränkten Erwerbsanreizen. Mit dem Systemwechsel werden die negativen Erwerbsanreize so weit als möglich eliminiert. Um eine gleichmässige Verteilung der Kosten der Reform über alle Einkommensklassen zu erreichen, sieht die Vorlage eine verschärfte Progression im Tarifverlauf vor. 

Darum geht es: Die Schweizer Wirtschaft ist auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen. Bei Zweitverdienenden besteht ein ungenutztes Arbeitskräftepotenzial. Bei dieser Gruppe führt die Individualbesteuerung zu einer deutlichen Verbesserung der Erwerbsanreize. Mit Splittinglösungen oder anderen Modellen der gemeinsamen Veranlagung lässt sich dieser Effekt nicht im gleichen Ausmass realisieren. 

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft unterstützt einen indirekten Gegenvorschlag, der die negativen Erwerbsanreize bestmöglich minimiert. Eine weitere Verstärkung der Progression wird jedoch abgelehnt, weil das den gewünschten Beschäftigungseffekten entgegenwirkt. Um volle Wirkung zu entfalten, muss der Systemwechsel zudem auf allen Staatsebenen umgesetzt werden. Der Schnittstellen-Problematik zu anderen Rechtgebieten ohne Individual-, sondern mit Ehepaarbetrachtung ist die nötige Aufmerksamkeit zu schenken (z.B. Prämienverbilligungen, Krippensubventionen, Erbrecht).  

Empfehlung economiesuisse: Annahme

Stand der Beratungen: Die Beratungen zur Individualbesteuerung sind abgeschlossen. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung. Strittig blieb bis zuletzt die Regelung des Kinderabzugs, der künftig fix hälftig auf beide Elternteile verteilt wird. Auch beim Steuertarif einigten sich die Räte auf einen Kompromiss mit geringeren Steuerausfällen als ursprünglich vorgesehen. Die Vorlage dient als indirekter Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative der FDP-Frauen. Ein Rückzug der Initiative wird erwartet, sofern das Gesetz in der Schlussabstimmung angenommen und kein Referendum ergriffen wird.

Energie, Infrastruktur & Umwelt

Auch Schulden sind nicht nachhaltig

Der nächsten Generation Schulden zu hinterlassen, ist nicht nachhaltig. Statt die echten Transitionsbremsen wie Bürokratie und Energieversorgung anzugehen, setzt die Volksinitiative auf Schulden von bis zu 9,5 Milliarden Franken pro Jahr.

Darum geht es: Die Initiative will einen staatlichen Fonds zur Bekämpfung des Klimawandels schaffen. Der Fonds soll unter Umgehung der Schuldenbremse jährlich mit 0,5 bis 1 Prozent des BIPs faktisch über Schulden gespiesen werden. Steuererhöhungen von bis zu 28% der direkten Bundessteuer oder 2,5% der Mehrwertsteuer wären längerfristig unumgänglich. Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, da die Klimaziele durch bestehende Gesetze umgesetzt werden können und die Initiative die finanzielle Stabilität der Schweiz gefährden würde.

Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft lehnt die Initiative aus den nachfolgenden Gründen ab.

  • Generationensolidarität: Die Initiative greift die Schuldenbremse an, die künftige Generationen vor Überschuldung schützt. Stabile Bundesfinanzen sind auch für die Bewältigung des Klimawandels entscheidend.
  • Die Industrie hat seit 1990 rund 46% ihrer Emissionen selbst reduzieren können.
  • Klimaschutz gelingt durch Innovation, nicht durch Schulden. Statt den Staat auf dem Kapitalmarkt als Konkurrenten zu positionieren, braucht es gezielte Anreize für private Investitionen. Ein staatlicher Fonds würde verpolitisiert und kaum effizient eingesetzt werden.
  • Schlechter Zeitpunkt: Angesichts globaler Unsicherheit und steigender Staatsausgaben kommt ein schuldenfinanzierter Klimafonds zur Unzeit. Gerade jetzt braucht es Verlässlichkeit statt ruinöser Symbolpolitik.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Nationalrat hat sich mit 120 zu 64 Stimmen bei 4 Enthaltungen gegen die Klimafonds-Initiative ausgesprochen. Auch ein direkter Gegenvorschlag wurde klar mit 175 zu 11 Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt.

Nachhaltigkeit wird nicht durch Bürokratie erreicht

Detaillierte Vorgaben zu einzelnen Baustoffen auf dem Verordnungsweg sind der falsche Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen. Statt Bürokratie aufzubauen, müssen bestehende Instrumente wie die CO₂-Abgabe und das Emissionshandelssystem (EHS) genutzt werden. Eine Doppelförderung bei Produktion und Absatz riskiert Mitnahmeeffekte und unnötigen Aufwand.

Darum geht es: Klimafreundlich produzierte Baustoffe wie grüner Stahl oder Recyclingbeton sollen in der öffentlichen Beschaffung künftig stärker bevorzugt werden. Ziel ist es, die Nachhaltigkeit im Bau zu fördern und Wettbewerbsnachteile für Schweizer Unternehmen gegenüber günstigeren ausländischen Produkten abzubauen. Das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) sowie die neue SIMAP-Plattform bieten bereits Möglichkeiten, Nachhaltigkeitskriterien in Ausschreibungen zu berücksichtigen und weiterzuentwickeln.

Das findet economiesuisse:

  • Bewährte Instrumente konsequent nutzen: Nachhaltigkeit erfordert den Einsatz etablierter Instrumente wie der CO₂-Abgabe oder dem EHS, die klare Anreize setzen. Die vorgeschlagene Regulierung greift jedoch in den Markt ein und nimmt eine Definition von Nachhaltigkeit vorweg.
  • Kein staatliches Mikromanagement: Die Fokussierung auf einzelne Baustoffe hemmt Innovation und trägt wenig zur Nachhaltigkeit bei. Nachhaltigkeit muss technologieoffen und über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks betrachtet werden.
  • Komplexität nicht weiter erhöhen: Seit der BöB-Revision wird eine sinnvolle Integration von Nachhaltigkeitskriterien ermöglicht. Eine Verordnung würde den bereits hohen administrativen Aufwand nochmals massiv erhöhen.
  • Fragmentierung im föderalen System vermeiden: Eine Regulierung auf Bundesebene würde die öffentliche Beschaffung weiter zersplittern. Unterschiedliche Vorgaben belasten vor allem kleine Unternehmen.

Empfehlung economiesuisse: Ablehnung

Stand der Beratungen: Der Ständerat hat die Motion (25.3422) zur Förderung nachhaltiger Baustoffe angenommen. Der Bundesrat soll auf Verordnungsstufe Vorgaben zur stärkeren Gewichtung von Nachhaltigkeitskriterien bei Ausschreibungen erarbeiten. Die Beratung der gleichlautenden Motion der UREK-N (25.3426) wurde auf die Herbstsession verschoben.