Reale Schä­den wegen Her­um­trö­deln beim Rah­men­ab­kom­men

Erste Be­triebs­schlies­sun­gen zei­gen die Schä­den, die durch das Zö­gern und Zau­dern beim Rah­men­ab­kom­men in der Schwei­zer Me­di­zin­tech­nik­bran­che ent­ste­hen. Grund ist die be­vor­ste­hen­de Be­en­di­gung der An­er­ken­nung tech­ni­scher Nor­men für Me­di­zin­pro­duk­te. Die EU ist nicht be­reit, die bi­la­te­ra­len Ab­kom­men über die Teil­nah­me am Bin­nen­markt ohne Rah­men­ab­kom­men zu ak­tua­li­sie­ren.

Viele Po­li­ti­ker ver­mit­teln mir den Ein­druck, dass die Schweiz noch un­end­lich viel Zeit habe für die Ra­ti­fi­zie­rung des fer­tig aus­ge­han­del­ten Rah­men­ab­kom­mens mit der EU. Für diese Po­li­ti­ker mag diese Sicht­wei­se stim­men. Sie ent­spricht aber nicht der wirt­schaft­li­chen Rea­li­tät. Be­son­ders die Schwei­zer Me­di­zin­tech­nik­bran­che steht seit Län­ge­rem unter sehr gros­sem Druck. Und ge­ra­de diese Woche wurde ich mit wei­te­ren schlech­ten Nach­rich­ten aus die­ser Bran­che kon­fron­tiert.

Es ist un­klar, ob Schwei­zer Med­tech-Her­stel­ler Teil des eu­ro­päi­schen Bin­nen­markts blei­ben kön­nen.

Die be­trof­fe­nen Schwei­zer Un­ter­neh­men sind mit fol­gen­der Si­tua­ti­on kon­fron­tiert: Die EU hat im Ja­nu­ar 2019 be­kannt ge­ge­ben, dass sie die be­ste­hen­den Bin­nen­markt­ab­kom­men mit der Schweiz nicht nach­füh­ren wird. Man warte ab, bis der Bun­des­rat das fer­tig aus­ge­han­del­te Rah­men­ab­kom­men un­ter­schrei­be. Die­ser hat sich aber über­haupt nicht be­wegt. Folge: Auch das wich­ti­ge bi­la­te­ra­le Ab­kom­men über den Abbau tech­ni­scher Han­dels­hemm­nis­se (MRA) ist blo­ckiert. Im Mai 2020 tre­ten neue eu­ro­päi­sche Re­geln für Me­di­zin­pro­duk­te in Kraft. Es ist ge­gen­wär­tig aber völ­lig un­klar, ob die Schwei­zer Med­tech-Her­stel­ler Teil des eu­ro­päi­schen Bin­nen­markts blei­ben kön­nen. Dies, ob­wohl sie die tech­ni­schen Nor­men voll er­fül­len. Die Wahr­schein­lich­keit ist hoch, dass die EU die Schweiz wie bei der Bör­sen­re­gu­lie­rung fort­an als Dritt­staat be­han­deln wird. Diese Un­si­cher­heit geht an die Sub­stanz. Vie­len Un­ter­neh­men läuft die Zeit davon – sie kön­nen sich ein wei­te­res Her­um­trö­deln in der Eu­ro­pa­po­li­tik schlicht nicht leis­ten. Der EU-Bin­nen­markt ist der wich­tigs­te Ab­satz- und Ein­kaufs­markt für diese hoch in­no­va­ti­ven Un­ter­neh­men.

Abbau und Um­ver­la­ge­rung ins Aus­land haben be­reits be­gon­nen.

Diese Woche muss­te die Wern­li AG in Rothrist, Her­stel­ler von Ver­bands­ma­te­ri­al, den Abbau von 25 Stel­len und die Ver­la­ge­rung der Pro­duk­ti­on nach Un­garn be­kannt geben. Be­grün­det wurde dies mit dem ab­seh­ba­ren Weg­fall der An­er­ken­nung der tech­ni­schen Nor­men im Me­di­zin­be­reich. Auch die Sy­me­tis SA in Ecu­blens hat den Abbau von 125 Ar­beits­plät­zen be­kannt ge­ge­ben. Wei­te­re Un­ter­neh­men ver­la­gern auch. Wie viele Ar­beits­plät­ze ist un­klar. Es gibt keine Sta­tis­tik über ver­pass­te In­ves­ti­tio­nen.

Liebe Bun­des­rä­te, liebe Ge­werk­schaf­ten: Wie viele sol­cher Mel­dun­gen braucht es noch, bis Ihr ein­seht, dass wir a) ohne Rah­men­ab­kom­men reale Schä­den in un­se­rem Wirt­schafts­stand­ort und den Ver­lust von Ar­beits­plät­zen ein­fah­ren und b) die Schweiz mit dem Her­um­trö­deln nichts ge­winnt?

Für mich ist die Schwei­zer Me­di­zin­tech­nik­in­dus­trie eine in­no­va­ti­ons­ba­sier­te Zu­kunfts­bran­che. Diese Un­ter­neh­men wer­den über­durch­schnitt­lich stark wach­sen und eine hohe Wert­schöp­fung auf­wei­sen. Es liegt an uns, dafür zu sor­gen, dass die­ses Wachs­tum in der Schweiz statt­fin­det. Die letz­ten Tage haben uns je­doch bru­tal ge­zeigt: Ohne Fort­set­zung des bi­la­te­ra­len Wegs und ohne bi­la­te­ra­les Rah­men­ab­kom­men wird das schwie­rig.